Julia Seyffardt meistert die Nachfolge

Das traditionsreiche Weingut Diefenhardt aus dem Rheingau macht vor, wie man den Familienbetrieb erfolgreich weitergibt. Mit Julia Seyffardt tritt nun die fünfte Generation die Nachfolge des Weinguts an.
4 Jun, 2020
Diefenhardt Weinberg

Das traditionsreiche Weingut Diefenhardt aus dem Rheingau macht vor, wie man den Familienbetrieb erfolgreich weitergibt. Mit Julia Seyffardt tritt nun die fünfte Generation die Nachfolge des Weinguts an. Es ist ein laufender Prozess voller Herausforderungen und Chancen. Julia ist Jungwinzerin und steht mit Leidenschaft hinter ihrem Riesling und Spätburgunder. Art & Wine wollte wissen, wie das Erfolgsrezept aussieht und war vor Ort.

Jungwinzerin Julia Seyffardt

Vom Baron zum Familienbetrieb

Seit 1917 betreibt die Familie aus dem Rheingau Weinbau und einen Gutsausschank. Jakob Diefenhardt übernahm vom Baron von Reichenau den Weinberg und das traditionsreiche Haus, welches früher noch als „Hotel Diana“ geführt wurde. Jakob plante, das Weingut seinem Sohn Ludwig zu vermachen. Nachdem dieser jedoch verstarb und auch Jakob kurz darauf , übernahmen es die drei hinterbliebenen Töchter mit der tatkräftigen Hilfe eines Kellermeisters.

Schließlich führte Hans-Herrmann Seyffardt, Enkel von Jakob Diefenhardt, den Weingutsbetrieb in Martinsthal fort. Das denkmalgeschützte Haus wurde zur Heimat seiner Familie mit vier Kindern. Das ehemalige Esszimmer wurde im alten Stil des Hauses erhalten, so dass man sich regelrecht auf Zeitreise begibt, wenn man den Raum betritt. Hier werden auch heute noch im kleineren Kreise Weine verkostet.

Der Weinkeller stammt aus dem 17. Jahrhundert und bietet hervorragende klimatische Bedingungen für die Lagerung der Flaschen und Fässer. Bei größeren Gruppen ist es auch möglich, die Weinproben unterirdisch zu halten.

Der Gutsausschank bietet ebenfalls ein schönes Ambiente durch die urigen Wandmalereien und die holzvertäfelten Wände.

Ein Vollzeitjob

Das Thema Nachfolge ist für viele Winzer ein echtes Problem. Nachdem Julias ältere Schwester die Nachfolge ablehnte, wusste Julia, dass sie ebenfalls bald vor der Entscheidung steht. Auf die Frage, ob ein gewisser Druck bestand, antwortete sie gelassen: „Es gab keinen Druck – weder von den Eltern noch von meiner Schwester.“ Das war ein gutes Gefühl, welches Julia dazu bewegte, aus freien Stücken die Chance zu ergreifen.

Schon in frühen Jahren hat Julia Seyffardt im Ausschank oder auf dem Weinberg geholfen. Die obligatorische Weinlese stand natürlich immer im Herbst an. Um herauszufinden, ob der Beruf Winzer etwas für sie ist, absolvierte Julia ein Praktikum nebenan im Kloster Eberbach und hängte ein halbes Jahr in Südafrika dran, um dort bei einem befreundeten Weingut zu helfen.

Diese Schritte ebneten ihren Weg zur Hochschule Geisenheim University, wo sie Weinbau und Önologie studierte. Im Rahmen des Studiums konnte Julia noch ein berufspraktisches Semester in Burgund/Frankreich absolvieren, wo sie bereits ihr Erlerntes tatkräftig in der Heimat anwenden konnte. Die Entscheidung, Winzerin zu werden, war somit ein gut überlegter Prozess. Heute weiß sie genau, was es bedeutet, Winzerin zu sein.

Julia Seyffardt und Peter Seyffardt
Peter und Julia Seyffardt

„Ich bin froh darüber, dass ich mir die Arbeit mit meinem Vater und meiner Mutter teilen kann“, sagt Julia in entspannter Manier. Ihr Vater ist oft im Weinberg und kümmert sich bspw. um die Spritzpläne. Die Mutter kümmert sich um die Vinothek und die wunderschönen Blumen im Hof. Allein dafür lohnt sich schon der Besuch nach Martinsthal. Die Arbeitsteilung bietet Julia die Chance, dass Sie sich um das kümmert, was ihr Freude bereitet. Aktuell arbeitet sie an der Vermarktung, dem Design, Messeauftritten, Events und im Keller. Auch die Modernisierung steht auf dem Plan. Allerdings befindet sich das Weingut auf einem aktuell sehr guten Stand, so dass hier kein Renovierungsstau bestand.

Wenn es um die Verschnitte geht, probieren gerne alle. Es ist und bleibt ein Gemeinschaftsprojekt.

Im Gespräch mit Julia Seyffardt hört man schnell ihre Leidenschaft für ihren Beruf heraus. Vor allem wenn es um ihre Lieblinge geht – Riesling und Spätburgunder.

„Rheingau Riesling ist etwas besonderes“

Die Frage, ob die Jungwinzerin auf Grund des Klimawandels oder aus Eigeninteresse neue Rebsorten pflanzt, verneinte sie lässig aber bestimmt. „Wenn das Klima weiter wärmer wird, werden wir uns weinbaulich darauf einstellen – sei es über eine Bewässerung oder ein besseres Laubwand-Management.“ Für Julia ist der Riesling eine Tradition und Spezialität des Rheingaus. „Es ist eine Nische, eine gute Nische.“ Natürlich könnte die Jungwinzerin sich auch vorstellen, auf einer Nebenparzelle mal neue Reben auszuprobieren, beispielsweise einen Weißburgunder als Randsortiment für die Kundschaft. Der Fokus ist und bleibt allerdings beim Riesling und Spätburgunder.

„Dem Preiskampf standhalten“

Deutschland arbeitet massiv an seinem internationalen Wein-Image. Namen wie Dornfelder, Weißburgunder und Riesling klingen nicht so melodisch wie Cabernet Savignon oder Blanc de Noir. Daher ist es umso wichtiger, sich gut zu positionieren. Durch die kleinstrukturierte Verteilung der Winzer in Deutschland, ist es nicht ganz einfach, ein gemeinsames Image nach Außen hin zu tragen. Das Deutsche Weininstitut leistet in diesem Bereich schon viel Arbeit. Wichtig ist auch, dass die Wertschätzung für die Flaschenweine steigt.

Hoffnung gibt hier eine neue Generation an Winzern, die sich weg von Fassweinen, hin zu innovativen Flaschenweinen orientiert. Jungwinzer schließen sich häufig zusammen, um gemeinsam Neues auszuprobieren und Erfahrungen zu teilen. Das gelingt nicht nur im Rheingau, sondern auch im schönen Rheinhessen.

Wichtig dabei ist vor allem, dass man sich dem Preiskampf nicht machtlos hingibt. Wenn die Flasche für 2 Euro den Besitzer wechselt, schadet das dem ganzen Geschäft. Standhaftigkeit zahlt sich am Ende aus. Denn die Qualität der Weine in Deutschland stimmt. Es gilt sich dementsprechend zu vermarkten. Hier hilft es natürlich, wenn man den VDP-Adler auf dem Wein stehen hat und als Verband auftreten kann. Sonst kann es passieren, dass man bei Messen wie der „Pro Wein“ schnell mal untergeht in der Deutschland Halle.

Wein muss Spaß machen

„Ein guter Wein muss Spaß machen und schmecken. Natürlich kommt es immer auf die Situation drauf an. Das schöne am Riesling und Spätburgunder ist, dass sie ganz individuell ihre Herkunft im Geschmack wunderbar widerspiegeln.“ Wer elegante und filigrane Weine gerne trinkt, wird im Onlineshop vom Weingut Diefenhardt definitiv fündig. Gerade der Riesling Kabinett trocken passt bei heißen Sommertagen hervorragend.

Das Weingut Diefenhardt in Martinsthal ist definitiv ein Besuch wert, wenn man mal wieder im schönen Rheingau ist. Wir danken Julia Seyffardt herzlich für die Einblicke ins Weingut.

AUTOR:IN


Marius Greb
Marius Greb
Geschäftsführer von Art & Wine Magazine - Nach einigen Jahren im Finanzwesen wechselte Marius Greb die Branche und befasst sich heute mit Kunst und Wein. Vor dem Start von Art & Wine Magazine startete er Entkorkte Kunst - eine Kombination aus Wein- und Malabenden. Sie möchten mit Marius in Kontakt treten? Schreiben Sie eine E-Mail an Marius@art-wine-mag.com

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