Chateau de Talu – Weinbau in Russland

Russland entdeckt den Weinbau. Ein Vorzeigeprojekt ist das Chateau de Talu.
24 Okt, 2022

Russland ist aktuell in allen Nachrichten. Die Sanktionen gegen das Land treffen nicht nur die Regierung, sondern auch die arbeitende Gesellschaft in Russland inklusive der Weinwirtschaft. Die Wirtschaft kann man lahm legen, doch den Weinberg nicht. Wir wollen wissen, wie es Russlands Weingütern dabei geht. Frank Duseigneur, Chef Oenologe des Weinguts Chateau de Talu, welches direkt an der Schwarzmeerküste liegt, hat uns eine digitale Führung durch das Weingut ermöglicht und sich unseren Fragen gestellt.

Chateau de Talu

Das Weingut Chateau de Talu befindet sich im Süden von Gelendzhik, östlich des Schwarzen Meeres. Es ist relativ neu und daher voll mit modernster Technik. Die Gründung erfolgte 2012 und der Bau dauerte ganze sieben Jahre, da ein hoher Qualitätsanspruch zugrunde gelegt wurde und man keine Abstriche machen wollte. Gut zehn Jahre später werden über 103 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Daraus resultieren jährlich ca. 800.000 Flaschen. Dabei steigt die Größe der bewirtschateten Rebfläche jedes Jahr um knapp 30 Hektar, um das Ziel von zwei Millionen Flaschen Wein zu erreichen. Hierfür stehen weitere knapp 100 Hektar Rebfläche bereit. Auch das Lager ist entsprechend gebaut, um den hohen Kapazitäten gerecht zu werden.

Weinberge von Chateau de Talu

Im Portfolio sind sowohl die wichtigsten französischen Rebsorten wie auch heimische. So spielt zum Beispiel Krasnostop eine wichtige Rolle für den russichen Markt und bei der Cuveetierung mit Merlot oder Cabernet Sauvignon. Hier bringt Frank Duseigneur seine Expertise aus Frankreich mit ein und gibt den Weinen seine persönliche Handschrift. Um das Weinportfolio zu ergänzen, werden auch Trauben aus gewissen Regionen zugekauft, da das Chateau de Talu in einer wärmeren Region liegt, die für Spätburgunder, Riesling, Chardonnay oder Sauvignon blanc etwas zu warm sein könnte. Vermarktet werden diese Weine dann mit der entsprechenden Herkunftsregion, um das Qualitätsmerkmal der Lage hervorzuheben.

Schaumweine stehen auch auf dem Plan. Diese werden allerdings erst in ein paar Jahren auf den Markt kommen.

Für den Ausbau der Weine werden bereits 600 Fässer aus französischer Eiche genutzt. Ca. 2.500 weitere werden folgen, um auch den Anteil der lagerfähigen Jahrgangsweine zu steigern. Knapp ein Fünftel der Weine werden aktuell entsprechend der Jahrgänge zurückgelegt und gehen als Vintage-Weine in den Verkauf. Dieser Anteil wird in den kommenden Jahren stetig erhöht werden, denn hierauf soll der Fokus langfristig gelegt werden. Das Anliegen des Investors ist es, die Emotionen der Zeit (des Jahrgangs) in die Flasche zu bringen. Er selbst pflegt auch ein kleines Wein-Museum. In seiner Sammlung befinden sich Weine der letzten 100 Jahre von namenhaften Weingütern.

Chef-Önologe Frank Duseigneur

Eigentlich war der Franzose Frank Duseigneur im Rhonetal beruflich verwurzelt, wo er sich mit dem Qualitätsmanagement im Weinbau beschäftigt hat. Das war vor ca. 20 Jahren. Seine Frau arbeitete zu der Zeit noch in Bordeaux. Trotz guter Jobmöglichkeiten in Bordeaux entschloss Frank Duseigneur sich, mit einer französischen Weinbau-Agentur zusammen zu arbeiten, die für eine Gruppe von Investoren in 2003 ein Weingut in Russland aufbauen durfte.

Mit 27 Jahren stand er dann vor der Entscheidung, nach Russland zu ziehen, um dort eine leitende Führungsrolle anzunehmen. Seine Bedingung war es, dass seine Frau, die im Pflanzenschutz tätig ist, ebenfalls eingestellt wird. Das war nicht nur für den heutigen Chef-Önologen eine tolle Chance, sondern auch für das Weingut, da es zwei Fachkräfte auf einen Schlag einstellen konnte. Gemeinsam wurde das Team aufgebaut und entsprechend geschult. Der Austausch verlief anfangs noch über einen Übersetzer. Nach vielen Russisch-Intensivstunden steht der Kommunikation im Team jedoch nichts mehr im Wege.

Frank Duseigneur - Chef-Önologe von Chateau de Talu
Frank Duseigneur – Chef-Önologe von Chateau de Talu

Der russische Weinmarkt

Wenn man an Wein denkt, ist Russland sicher nicht das erste Land, das einem in den Sinn kommt. Doch der Markt ist attraktiv, denn neben der schieren Größe schlummert dort auch noch viel Potential. Als größtes Land der Welt gibt es genug Fläche für Weinbau. Dazu zählen beispielsweise die Regionen am Schwarzen Meer, am Kaspischen Meer, entlang der Wolga, des Don oder auf der Krim.

Weinkeller von Chateau de Talu
Weinkeller von Chateau de Talu

Neben den heimischen Rebsorten wie Krasnostop findet man in Russland auch klassische Rebsorten wie Cabernet oder Chadonnay. Hier kommt es stark auf die klimatischen Bedingungen an, die aufgrund der kontinentalen Klimaregion deutlich schwanken können. Daher ist es auch schwierig zu messen, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Regionen hat. Professionelle Messungen und Forschungen hierzu laufen bereits. Aus Georgien kommt ebenfalls viel Know-How sowie eine jahrtausendalte Weinkultur.

Interessanterweise sind die Regulierungen im Pflanzenschutz wesentlich strenger als in Europa. Das hat zur Folge, dass der Einsatz von chemischen Pestiziden und Herbiziden sich auf ein Minimum beschränkt und viel mit organischen Mitteln gearbeitet wird. Auch Frank Duseigneur legt großen Wert auf das Laub-Management, um den Pflanzenschutz möglichst schonend einzusetzen. Ein Vorteil liegt aber auch darin, dass auch generell weniger Krankenheiten im russischen Weinbau vorkommen als in Europa und dadurch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ebenfalls kaum nötig ist.

Welche Herausforderungen und Chancen birgt die Zukunft?

In den nächsten Jahren werden die ersten Jahrgangsweine auf den Markt kommen. Einige Weine wurden bereits ins Ausland exportiert – darunter nach Dänemark, Serbien, China, Dubai und natürlich Frankreich. Allerdings wird die Ausfuhr sowie die Zulieferung auf Grund des Krieges in der Ukraine deutlich erschwert. Doch man hat mit Weitblick reagiert und noch vor Beginn der Sanktionen kritische Lieferungen bestellt. Dadurch ist Chateau de Talu weiterhin gut aufgestellt für das kommende Wachstum.

Ein Großteil des Absatzes geht in den heimischen Markt. Hier werden sowohl Supermärkte wie auch Sterne-Restaurants in Moskau beliefert. Bereits heute sind das Restaurant und die Touren im Weingut zur Hauptsaison ausgebucht und die Besucherzahlen gehen durch die Decke. Man profitiert vom lokalen Tourismus und der traumhaften Lage.

Für die Weinberge und den Weinkeller verfolgt Frank Duseigneur die Forschung aus Frankreich, um die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse direkt umzusetzen. Damit leistet das Weingut Chateau de Talu mit Frank Duseigneur als Chef-Önologe einen richtungsweisenden Beitrag für die Zukunft des russischen Weinmarktes.

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Marius Greb
Marius Greb
Geschäftsführer von Art & Wine Magazine - Nach einigen Jahren im Finanzwesen wechselte Marius Greb die Branche und befasst sich heute mit Kunst und Wein. Vor dem Start von Art & Wine Magazine startete er Entkorkte Kunst - eine Kombination aus Wein- und Malabenden. Sie möchten mit Marius in Kontakt treten? Schreiben Sie eine E-Mail an Marius@art-wine-mag.com

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