Die Schule von Barbizon – Wegbereiter des Impressionismus

Die Werke der Künstler von Barbizon weisen eine Tendenz zu einem vermehrt freien Farbauftrag auf. Die Farben wurden also weniger geglättet und eher grob aufgetragen.
28 Okt, 2020

Landschaftsmalerei in Frankreich ab 1830

Bei der Schule von Barbizon handelt es sich um eine Gruppe von Künstlern, die sich in Frankreich mit Landschaftsmalerei beschäftigten. Die Künstler hielten sich ab den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in dem kleinen Ort Barbizon in der Nähe des Waldes von Fontainebleau auf. Sie schufen kleinformatige Landschaftsbilder mit hohem Anspruch an Authentizität und galten als Wegbereiter des Impressionismus.

Credid: pxhere.com
Quelle: pxhere.com – Charles Francois Daubigny, 1855

Keine Schule für Künstler

Die wichtigsten Vertreter der Schule von Barbizon sind Charles-François Daubigny, Jean-François Millet, Gustave Courbet, Théodore Rousseau oder Jean-Baptiste Camille Corot. Die Künstler von Barbizon waren jedoch keiner Schule im engeren Sinne zugeschrieben. Es wurde keine bestimmte Stilrichtung oder Ästhetik gelehrt. Der Name der Schule von Barbizon geht lediglich auf den Ort zurück an dem sich die Künstler trafen. Sie unterhielten Freundschaften, arbeiteten gemeinsam, unterstützten sich finanziell und förderten sich gegenseitig.

Sehnsucht nach Ursprünglichkeit

Auch wenn es sich bei der Schule von Barbizon um keine Schule im herkömmlichen Sinn handelte, verband die Maler etwas anderes. Ihre Sehnsucht nach der Ursprünglichkeit, einem Leben in Natur abseits der Großstädte, die im Zuge der Industrialisierung zunehmend aus dem Boden sprossen. Die Maler widmeten sich dem Landleben und Landschaftsdarstellungen, die den Eindruck von Einöde vermitteln. Die Motive waren hierbei zumeist sehr unspektakuläre Landschaftstypen, die Wälder, Bäume, Weiden, Flusslandschaften, Schaf-oder Kuhherden oder karge felsige Landschaften mit vereinzelten Bäumen darstellten. Darstellungen von Menschen sind wenig vorzufinden und dienen hauptsächlich als Staffage. Dabei inspirierten die Landschaften um den Wald von Fontainleau die Werke der Künstler maßgeblich.

Quelle: sachsen-depesche.de – Theodore Rousseau, 1850/52

Anspruch an Authentizität

Die Werke der Künstler von Barbizon weisen eine Tendenz zu einem vermehrt freien Farbauftrag auf. Die Farben wurden also weniger geglättet und eher grob aufgetragen. Es wurde nicht mehr so stark darauf geachtet, die Farben möglichst perfekt miteinander zu verschleifen. Hervorzuheben ist jedoch, dass es sich nach wie vor nicht vordergründig um flächige Pinselstriche handelte.

Hierdurch erlangte die Landschaftsmalerei eine Veränderung ihrer Bedeutung. Das Landschaftsbild war nicht mehr Vergegenwärtigung einer Gegend, Ideallandschaft oder erzählerische Überhöhung. Der Fokus lag vielmehr auf Authentizität. Keine im Sinne einer objektiven Darstellung einer Landschaft, sondern der Darstellung der Empfindungen eines Malers beim Erfahren von Natur. Die authentische Wiedergabe also eines Blickes auf eine Landschaft.

© Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto: U. Edelmann
Quelle: sammlung.staedelmuseum.de – Camille Corot, Sommerlandschaft, um 1855

Momenthaftes Eintauchen in die Malerei

Durch diesen Anspruch an Authentizität der barbizonischen Künstlergruppe und den typischen gröberen Farbauftrag haben die Bilder keinen immersiven Anspruch. Das Konzept der Immersion funktioniert nicht mehr, da der Blick der Betrachter*in durch ebendiese stilistischen Merkmale auf die „Gemachtheit“ der Bilder geleitet wird.

Dabei tauchen Betrachter*innen der Gemälde also nicht mehr in die dargestellte Szenerie, sondern in die Malerei selbst ein. Dies wird teilweise auch durch die Komposition der Bilder gewährleistet, welche die Betrachter*innen noch einmal zusätzlich auf Distanz halten, wie es bei Werken von Rousseau häufiger der Fall ist, indem er beispielsweise Baumgruppen nicht mehr als Rahmung eines Bildes nutzt, sondern diese unter anderem in der Bildmitte positioniert. Hierdurch wird man als Betrachter*in optisch nicht mehr so stark in die Szenerie eingeladen.

Credit: https://www.tuttartpitturasculturapoesiamusica.com/2015/05/Theodore-Rousseau.html
Quelle: www.tuttartpitturasculturapoesiamusica.com – Theodore Rousseau

Wegbereiter des Impressionismus

Aus diesen stilistischen Besonderheiten der Gemälde der Schule von Barbizon lassen sich Ähnlichkeiten zum beginnenden Impressionismus finden. Der gröbere Farbauftrag, der beim Impressionismus noch stärker ausgeführt wurde, ist hierbei wohl am auffälligsten. Auch die Tatsache, dass Künstler unter freiem Himmel Skizzen als Momentaufnahmen anfertigten, die dann im Atelier vollendet wurden, lassen die Schule von Barbizon als maßgebliche Wegbereiter der impressionistischen Malerei einordnen. Denn auch im Impressionismus wurde an der freien Luft gemalt, immer mit dem Anspruch, einen konkreten Moment auf der Leinwand festzuhalten.

Man darf nicht vergessen, dass die Stilrichtungen der Kunst nicht klar voneinander abzugrenzen sind. Es sind immer fließende Prozesse, die vollzogen werden und die künstlerische Ausrichtung von Malern definieren. So ist festzuhalten, dass sich die Schule von Barbizon zwischen akademischer Landschaftsmalerei. Romantik und Impressionismus bewegt, aber dennoch eine ganz eigene Art der Landschaftsmalerei darstellt.

Credit: https://www.artexpertswebsite.com/artist/huet-paul/
Quelle: www.artexpertswebsite.com – Paul Huet
Credit: https://www.tuttartpitturasculturapoesiamusica.com/2015/05/Theodore-Rousseau.html
Quelle: www.tuttartpitturasculturapoesiamusica.com – Theodore Rousseau

Einflüsse aus Italien, Holland und England

Einflüsse für die Maler um Barbizon gab es aus verschiedenen Richtungen. Beispielsweise ließen sich Künstler wie Camille Corot von klassischer italienischer Landschaftsmalerei, der paysage historique und deren Ölskizzen inspirieren. Bei Künstlern, wie George Michel lassen sich wiederum Bezüge zur holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts und zu Künstlern wie Jacob van Ruisdael oder Rembrandt beobachten. Aber auch die englische Landschaftsmalerei John Constables oder Richard Parks Bonningtons nahmen Einfluss auf Maler der Schule von Barbizon, wie zum Beispiel Paul Huet.

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Marius Greb
Franziska Boguslaw
Franziska Boguslaw - Kunsthistorikerin

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